Erneut setzen die Oberpfälzer überregional Maßstäbe. Die Einrichtung „Dr. Loew Soziale Dienstleistungen“ entwickelte sich in den vergangenen Jahren zum größten privaten Sozialunternehmen der Behindertenarbeit in Bayern. Der 1968 von Dr. Fritz Loew („ich will Behindertenhilfe anders machen“) gegründete Betrieb betreut heute rund 1900 Menschen mit einer geistigen Behinderung oder psychischen Erkrankung – und zählt mehr als 2000 Mitarbeiter.
Die zentrale Verwaltung sitzt in Wernberg-Köblitz; hier ist auch die Heimat der Wernberger Werkstätten. Sie ermöglichen Menschen mit Behinderung den Zugang zu qualifizierten Arbeitsplätzen in den Bereichen Montage und Verpackung, Schreinerei, Gastronomie sowie Garten- und Grundstückspflege.
Geschäftsführerin Sandra Loew steuert mit lediglich 50 Mitarbeitern in Verwaltung und Management landesweit die herausfordernden Aktivitäten. Die 59-Jährige öffnet für den Wirtschaftsclub Nordoberpfalz die Türen und ermöglicht beeindruckende Einblicke. Präsident Anton Braun spricht abschließend unter dem Beifall von rund 50 Mitgliedern von einem „wertvollen Beitrag für die Gesellschaft und die Region“.
Vorbildfunktion in ganz Deutschland
Derzeit leben 1326 Menschen mit geistiger Behinderung und 468 psychisch Kranke dezentral und beschützt in 111 Häusern: „In kleinen, familiären Wohngruppen“, erläutert Sandra Loew die Unternehmensphilosophie. Mit einem konkreten, praxisnahen Konzept für die Vorsorge in der letzten Lebensphase behinderter Menschen nimmt Dr. Loew eine Vorbildfunktion in ganz Deutschland ein.
Ähnliches gilt für den ambulanten psychiatrischen Pflegedienst, von dem es nur zwei in Bayern gibt. Sandra Loew: „Der Bedarf ist immens. Wir könnten jeden Platz viermal belegen …“ Mit Sorge sieht sie die „erschreckende, galoppierende Zunahme“ psychischer Erkrankungen in Deutschland. „Viele, nicht qualifiziert betreute Menschen könnten in die Obdachlosigkeit abrutschen – wie beispielsweise in den USA.“
„Ausufernde Bürokratie“
Sandra Loew lässt keinen Zweifel am „schwierigen Klientel“, das sich in Obhut und Betreuung befindet. Man habe jedoch die besten Erfahrungen gesammelt: „Selbst bei Menschen mit forensischem Hintergrund.“ Auf Nachfrage des OberpfalzECHO klagt das Management der Dr. Loew Unternehmensgruppe über „ausufernde Bürokratie“ und Schurigelei aufgrund der Gesetzesflut.
Abgesehen davon, dass die Einrichtung Dr. Loew in der Regel in finanzielle Vorleistung gehen muss und stationäre Pflegeplätze „weitgehend fix“ sind … Dennoch ist Sandra Loew frohen Mutes: „Bei uns stimmt der optimistische Unternehmensgeist. Deshalb kann bei Dr. Loew Soziale Dienstleitungen vom Pflegenotstand, der ansonsten in der Branche allgegenwärtig ist, keine Rede sein.“
Werkstattleiter Florian Dotzler und Produktionsleiter Stefan Mutzbauer informierten über die Wernberger Werkstätten. Derzeit beschäftigten sie 180 Menschen mit Behinderung. Die Werkstätte ist darauf ausgerichtet, eine familiär anmutende Atmosphäre zu schaffen: „Zum Wohlbefinden aller Beteiligten.“
Biertischgarnituren zum Verleih
In der eigenen Schreinerei entstehen schmucke Bank-Ensembles aus witterungsbeständiger Douglasie, optisch gefällige Vogelhäuschen in allen Variationen oder Verpackungsmaterialien aus Holz in Hunderttausender Stückzahlen für die Sicherung von Glas- und Steinzeug-Transporten oder die bekannten orange-schwarzen Schneestangen für die Straßenränder im Winter.
Drei große Oberpfälzer Brauereien lassen ihre Biertischgarnituren in den Wernberger Werkstätten aufbereiten. Sie bieten auch 45 Biertischgarnituren und Stehtische in den Farben braun und grün zum Verleih an. Die Wernberger Werkstätten zählen 23 Kooperationspartner aus der regionalen Wirtschaft und den Kommunen. „Mehr als vor Corona“, freut sich Werkstattleiter Dotzler.
Vom „B 14“ begeistert
„Komplett ausgelastet“ ist der Bereich Garten- und Grundstückspflege mit Mäharbeiten, Unkraut-Entfernung, Heckenschneiden unter anderem für Kindergärten, Kirchen oder Schulen. Zur Schärfung des Profils kündigt Dotzler für nächstes Jahr die Weiterentwicklung der Vermarktungs- und Vertriebswege für die Eigenprodukte der Wernberger Werkstätten an. Als wichtiger Schritt gilt unter anderem der Aufbau eines Online-Shops, um die Erzeugnisse über die regionale Grenze hinaus bekannt zu machen.
Auf die Kunden warten finanzielle Vorteile wie ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent und die Verrechnung von 50 Prozent des Rechnungsbetrags mit einem nicht besetzten Schwerbehinderten Arbeitsplatz. Im Musikcafe „B 14“ gewannen die Gäste selber einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit der Küche und dem freundlichen Service, wenn die Arbeit von Behinderten und Nicht-Behinderten effektiv Hand in Hand geht.